Matteo Fargion (UK/IT)

BIOGRAFIE

Matteo Fargion wurde 1961 in Mailand geboren. Als Teenager zog er nach Südafrika, wo er dubiose Prog-Rock-Konzeptalben schrieb, Bassgitarre in einer Band spielte und später an der Universität Komposition bei Kevin Volans studierte. 1985 zog er nach London, wo er eine Zeit lang bei Howard Skempton studierte, während er Musik für das Balanescu Quartett, Robyn Schulkowsky, Noriko Kawai, London New Music und viele andere führende Künstler*innen schrieb. Im Jahr 1989 gewann er den Sonorities Composition Prize in Belfast. Zu dieser Zeit spielte er auch Bassgitarre in der experimentellen Rockband Sexual Pleasure von Chris Newman.

Matteos Interesse am zeitgenössischen Tanz begann in den späten 1980er Jahren, als er die Tanzcompagnie von Merce Cunningham im Sadlers Wells in London sah. Dieses bewegende Erlebnis inspirierte ihn dazu, sich 1989 für den Internationalen Gulbenkian-Kurs für Choreograf*innen und Komponist*innen zu bewerben, wo er erstmals Musik für Tanz schrieb und feststellte, dass ihm die Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen Spaß machte. Im selben Jahr lernte er den Choreografen Jonathan Burrows kennen, mit dem er seither eng zusammenarbeitet.

Zunächst schrieb er Musik für Burrows' Tanzstücke, angefangen mit Dull Morning Cloudy Mild (1989) bis hin zu einer Zusammenarbeit mit Kevin Volans bei Burrows‘ The Stop Quartet im Jahr 1996. Mit Both Sitting Duet (2002) definierten sie ihre Zusammenarbeit auf Augenhöhe neu und brachten Matteo als Performer auf die Bühne.

Seitdem kreierten Burrows&Fargion 10 weitere Duette, die sie alle gemeinsam konzipiert, choreografiert, komponiert und performt haben. Sitting Duet wurde 2004 mit dem New York Dance and Performance Bessie Award ausgezeichnet, und Cheap Lecture wurde für das prestigeträchtige Het Theaterfestival 2009 in Belgien ausgewählt. Die beiden Männer sind immer noch mit den meisten Stücken auf Tournee und haben bis heute über 500 Performances in 35 Ländern gegeben.

In jüngerer Zeit haben Burrows&Fargion auch andere Künstler*innen in ihre Zusammenarbeit einbezogen: 52 Portraits (2016), ein einjähriges Online-Projekt, besteht aus kurzen gestischen Tänzen von eingeladenen Künstler*innen, die zu biografischen Liedern vertont und von Hugh Glendinning gefilmt wurden. Das Projekt wurde bis heute fast 9000 Mal aufgerufen. Any Table Any Room (2017) ist eine Performance mit Objekten, bei der vier Künstler*innen eingeladen werden, sich Burrows&Fargion auf der Bühne an jedem neuen Ort anzuschließen, an dem das Stück präsentiert wird. Let us stop this mad rush towards the end (2019) für Orchester, Tänzerin (Claire Godsmark) und die singende Pianistin (Francesca Fargion) war ein Auftragswerk für das London Contemporary Music Festival. In der fortlaufenden Reihe Music for Lectures werden Künstler*innen eingeladen, einen Vortrag zu schreiben, der dann live von ihrer Rockband mit Francesca Fargion am Synthesizer, Matteo am Bass und Jonathan am Schlagzeug begleitet wird. An der Reihe wirkten bisher Katie Coe (2018), Mette Edvardsen (2018), Wendy Houstoun (2020) und Chrysa Parkinson (2021) mit, die während des Covid-19 Lockdowns entstanden ist und als Podcast im Rahmen von GIFT präsentiert wurde.)

Im Laufe seiner Karriere arbeitete Matteo neben Burrows&Fargion auch mit anderen Künstler*innen zusammen. Im Jahr 1996 erhielt er eine Residency auf dem renommierten Schloss Solitude in Stuttgart, wo er 18 Monate lang lebte. In dieser produktiven Zeit schrieb er unter anderem eine Kammeroper, Le Bellezze d'Hortensia, und eine Reihe von Kollaborationen mit dem Komponisten und Geiger Marc Sabat. Auf Schloss Solitude lernte Matteo auch den Theaterregisseur Elmar Goerden kennen, für den er die Musik für mehrere Produktionen am Staatstheater Stuttgart, am Residenztheater München, am Bochumer Staatspielhaus und am Theater in der Josefstadt in Wien schrieb. Außerdem arbeitete er mit Thomas Ostermeier an Jon Fosses Stück The Girl on the Sofa, das 2002 beim Edinburgh Festival aufgeführt wurde.

Mitte der 90er Jahre begann Fargion außerdem eine enge Zusammenarbeit mit der britischen Choreografin Siobhan Davies. Er schrieb die Musik für mehrere ihrer Stücke und wirkte in ihnen mit, darunter das preisgekrönte Stück The Art of Touch (1995). Seit 1997 arbeitet Matteo auch eng mit dem Choreografen Karl Jay Lewin zusammen. Extremely Bad Dancing to Extremely French Music (2013) und Extremely Pedestrian Chorales (2018) sind zwei ihrer jüngeren Stücke. Im Jahr 2016 wurde Matteo von der neu gegründeten Dance On Company (Berlin) beauftragt, ihr Debütstück 7 Dialogues zu kreieren und zu inszenieren. In den letzten Jahren arbeitete er auch mit Andrea Spreafico (Vive la Phrance, 2017, und We have to dress gorgeously, im Auftrag des Borealis Festivals 2019), Claire Croizé für Flowers (we are) (2019) und der norwegischen Künstlerin Mette Edvardsen für oslo (2016) und Penelope Sleeps (2019), eine Oper mit der Sopranistin Angela Hicks, zusammen. Im September 2021 wurde Bad Dante, Bad English, Bad Opera, eine Produktion mit Spreafico Eckly, die auf dem ersten Teil von Dantes Purgatorio basiert, in Trondheim, Norwegen, uraufgeführt. Burrows&Fargions neue Doppelvorstellung, Rewriting and Science Fiction, ist derzeit auf Tournee.

Matteo ist auch ein aktiver Dozent und seit 2002 regelmäßiger Gastdozent bei P.A.R.T.S., der Tanzschule von Anne Teresa de Keersmaeker in Brüssel. Er hat einen Ansatz für den Kompositionsunterricht für Choreograf*innen entwickelt, der sich in den Rahmen der Musikpraxis einfügt, aber auch auf seiner Erfahrung als Performer aufbaut. Er leitet jedes Jahr mehrere Workshops und hat vier Stücke für Studenten komponiert.

Er lebt in London.

13.04.2023

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        Amin Weber Motionbank
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Date: 28.03.2024, 11:31 | Link: https://impulstanz.com/artist/id917/